Working Equitation – Dressur zwischen Tradition und Moderne
Working Equitation
Du hast sie bestimmt schon einmal gesehen, die Reiter in traditioneller Tracht, die Rinder von A nach B treiben oder einen anspruchsvollen Trail durchlaufen. Diese Prüfungen sind Teil der Working Equitation, einer faszinierenden Disziplin im Pferdesport, die die harmonische Verbindung zwischen Tradition und Moderne verkörpert.
Entsprungen aus den südeuropäischen Arbeitsreitweisen hat sich zum Erhalt der Kultur eine Turnierdisziplin entwickelt, in der die Tradition der jeweiligen Länder widergespiegelt wird. Die Dressur vereint die klassischen Prinzipien der Reitkunst mit den Anforderungen und Herausforderungen, die sich aus der Arbeit der Rinderhirten im Alltag ergeben. Dabei steht nicht nur die ästhetische Ausführung von Dressurübungen im Vordergrund, sondern auch die praktische Anwendbarkeit im Gelände.
Du bist neugierig geworden und möchtest wissen, ob die Disziplin Working Equitation auch etwas für dich und dein Pferd ist? Dann erkläre ich dir, was du dafür können musst und welche Rahmenbedingungen rund um den Sport gelten.
Inhaltsverzeichnis
Die Geschichte der Working Equitation
Der Ursprung der Working Equitation reicht tief in die Traditionen der ländlichen Arbeitsreiterei zurück. Anfänglich entwickelte sich diese Disziplin in den südeuropäischen Ländern wie Portugal, Spanien, Frankreich und Italien, wo Bauern und Hirten ihre Pferde täglich für vielfältige Aufgaben auf dem Feld oder in der Viehzucht nutzten.
Zu den Aufgaben eines Rinderhirten zählten das Treiben und Selektieren der wild gehaltenen Rinder. Der Reiter war hier stark auf die Mitarbeit des Pferdes angewiesen. Die Arbeit am Rind und das damit einhergehende Bedürfnis nach einem gut ausgebildeten und vielseitigen Pferd führte zur Entwicklung von Dressurübungen, die nicht nur elegant und harmonisch, sondern auch funktional und praxisorientiert waren.
Mit zunehmender Industrialisierung verlor das Pferd in der Landwirtschaft an Bedeutung und die Arbeitsreitweise geriet immer mehr in Vergessenheit. Um die Tradition zu bewahren, entstand die Idee, eine Sportdisziplin zu entwickeln, in der die traditionellen Reitweisen repräsentiert werden, um somit nicht in Vergessenheit zu geraten.
Die Working Equitation entsand und fand weltweit Anklang. Verbände und Organisationen wurden gegründet, um Regeln und Standards festzulegen. Die Disziplin gewann an Beliebtheit, da sie nicht nur die ästhetische Seite der Dressur betonte, sondern auch die Fähigkeiten von Reiter und Pferd im Umgang mit Hindernissen und bei der Bewältigung verschiedener Aufgaben im Gelände prüfte. Heute repräsentiert die Working Equitation eine Brücke zwischen den Wurzeln der traditionellen Reitkunst und den modernen Anforderungen an ein vielseitiges und gut ausgebildetes Reitpferd.
Der Dachverband der Working Equitation World Association for Working Equitation (WAWE)
Die World Association for Working Equitation (WAWE) fungiert als Dachverband für die Working Equitation, vergleichbar mit der FN. Sie spielt eine zentrale Rolle bei der Standardisierung, Organisation von internationalen Wettbewerben und Förderung der Disziplin weltweit.
Die WAWE schafft eine Plattform für den Austausch von Erfahrungen und Ideen zwischen verschiedenen Ländern und unterstützt die Entwicklung der Working Equitation als global anerkannte Reitsportdisziplin. Ihr Engagement trägt dazu bei, die Traditionen dieser faszinierenden Sportart zu bewahren und gleichzeitig ihre moderne Entwicklung zu fördern.
In Deutschland vertritt der Verein Working Equitation Deutschland e.V. (WED) die WAWE. Zahlreiche weitere nationale Vereine bilden die jeweiligen Ländervertretungen.
Diese 3 Disziplinen gibt es in der Working Equitation
In der Working Equitation gibt es je nach Klasse drei Teildisziplinen: Dressur, Trail und Rinderarbeit. Dabei wird besonderer Wert auf die Einwirkung des Reiters, die Rittigkeit und Losgelassenheit, sowie die Einstellung des Pferdes gelegt. Die Hilfengebung des Reiters sollte fein und punktgenau sein. Die Working Equitation bietet somit eine breite Palette von Herausforderungen und prüft die Vielseitigkeit, Geschicklichkeit und das Verständnis zwischen Mensch und Pferd in verschiedenen Kontexten.
Dressur
Die Dressur bildet den Grundpfeiler der Working Equitation. Je nach Klasse werden die Grundgangarten abgeprüft bis hin zu Lektionen aus dem Grand Prix. Hierbei geht es nicht nur um die präzise Ausführung klassischer Dressur, sondern auch um die Reinheit der Gänge, die Eleganz und Harmonie in der Zusammenarbeit zwischen Reiter und Pferd. Die Dressur in der Working Equitation betont die Verfeinerung der Kommunikation und die Ausbildung des Pferdes zu einem vielseitigen Partner.
Stiltrail und Speedtrail
Beim Stil-Trail besteht die Aufgabe darin, einen Trailparcours aus 10 bis 15 Working Equitation Hindernissen zu meistern. Dazu gehört z.B. das Öffnen und Schließen eines Tores, das Überqueren einer Brücke oder ein Slalom. Die Arbeit an den charakteristischen Hindernissen spiegelt die praktische Anwendbarkeit der Fertigkeiten im Gelände wider – quasi das Gelassenheitstraining für die Natur. In die Bewertung fließen die korrekte Ausführung und natürlich der Stil, wie Pferd und Reiter die gestellten Aufgaben meistern, mit ein. Hier wird besonderer Wert auf die Lockerheit und Losgelassenheit des Pferdes gelegt.
Beim Speed-Trail wird zusätzlich die Zeit bewertet, die das Paar benötigt, um sich den Herausforderungen zu stellen.
Rinderarbeit
In der Rinderarbeit spiegelt sich der eigentliche landwirtschaftliche Ursprung der Working Equitation wider. Hierbei geht es darum, einzelne Rinder möglichst stressfrei aus der Herde zu selektieren. Pferd und Reiter müssen hier als ruhiges, souveränes Team auftreten, um die Rinder auf effiziente und kontrollierte Weise zu bewegen. Bei manchen Pferden sieht es so aus, als würden sie die Arbeit von ganz allein machen. Man spricht dann vom sogenannten „Cow Sense„.
Leistungsklassen im Working Equitation Turnier
Die Klassen E und A sind die Einsteigerklassen. Klasse A steht für Anfänger und Klasse E für Einsteiger. Die Aufgaben werden in Schritt, Trab und Galopp geritten und es werden Grundlektionen wie Übergänge zwischen den Gangarten abgeprüft.
Ab Klasse L (Leichte Klasse) kommen das Rückwärtsrichten, der Außengalopp und einfache Galoppwechsel hinzu.
Die Klassen M und S werden nur im Schritt und Galopp geritten.
In der Klasse M (Mittelschwere Klasse) werden Seitengänge und fliegende Galoppwechsel gefordert.
Die Klasse S (Schwere Klasse oder auch Masterclass) fordert schwere Lektionen auf Grand Prix Niveau wie Galopptraversalen und Pirouetten. In der schweren Klasse wird übrigens das einhändige Reiten auf blanker Kandare gefordert. Der Reiter muss seine Hilfen am Zügel dadurch extrem fein geben und sollte hauptsächlich über Sitz-, Schenkel- und Gewichtshilfen reiten.
Nicht nur traditionelle Pferderassen sind für die Working Equitation geeignet
Die Besonderheit der Working Equitation liegt nicht nur in der Tradition und den klassischen Aspekten des Reitsports, sondern auch in ihrer Vielseitigkeit, die es ermöglicht, eine breite Palette von Pferderassen einzubeziehen. Im Gegensatz zu einigen anderen Reitdisziplinen, die bestimmte Rassestandards bevorzugen, ist die Working Equitation offen für eine Vielfalt von Pferden, unabhängig von ihrer Herkunft oder Rasse.
Viele traditionelle Pferderassen, die eng mit der landwirtschaftlichen Arbeit verbunden sind, finden sich natürlich in der Working Equitation wieder. Hierzu zählen beispielsweise Lusitanos, Quarter Horses oder Camargue-Pferde. Jedoch haben sich auch andere Rassen als äußerst geeignet erwiesen, da die Disziplin nicht nur die Eleganz der Dressur, sondern auch die praktische Anwendbarkeit im Gelände und die Fähigkeiten bei der Rinderarbeit betont.
Diese Offenheit für verschiedene Pferderassen unterstreicht die zugrunde liegende Philosophie der Working Equitation, die darauf abzielt, die Zusammenarbeit und das Vertrauen zwischen Mensch und Pferd zu fördern, unabhängig von der Rasse oder dem Hintergrund des Tieres. Dies trägt dazu bei, die Vielfalt im Reitsport zu bereichern und zeigt, dass die Fähigkeiten von Pferd und Reiter in dieser Disziplin entscheidender sind als ihre Herkunft.
Faszination Working Equitation – Traditionelle Ausrüstung und Tracht
Im Gegensatz zur strikten Turnierkleidung wird bei der Working Equitation die landesübliche Reitertracht getragen. Diese Tracht spiegelt nicht nur die Authentizität der Disziplin wider, sondern trägt auch dazu bei, die Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu zelebrieren. Die Kleidung zeugt von einer tiefen Verbundenheit mit den kulturellen Wurzeln der Disziplin und verleiht den Turnieren eine besondere Atmosphäre.
Die traditionelle Ausrüstung in der Working Equitation umfasst häufig Sättel und Zaumzeug, die den landwirtschaftlichen Anforderungen entsprechen. Sie sind robust und funktional, um den Anforderungen bei der Arbeit im Gelände und der Rinderarbeit gerecht zu werden. Die Wahl der Ausrüstung unterstreicht die praktische Herkunft der Disziplin und betont die Vielseitigkeit der Pferde. Auch spezielle Ausrüstungsgegenstände wie die Garrocha oder das aus dem Westernreiten bekannte Lasso gehören dazu.
Insgesamt trägt die Verwendung traditioneller Ausrüstung und Tracht in der Working Equitation dazu bei, eine einzigartige und authentische Atmosphäre zu schaffen. Sie erinnert nicht nur an die historischen Ursprünge der Disziplin, sondern verleiht auch jedem Turnier eine kulturelle Tiefe und eine Verbindung zur Vergangenheit, die die Faszination für Working Equitation weiter vertieft.
Häufig gestellte Fragen zum Thema „Working Equitation“
Was macht man bei Working Equitation?
Bei Working Equitation kombiniert man Dressur, Stiltrail, Speedtrail und Rinderarbeit, um die Vielseitigkeit von Pferd und Reiter im Gelände und bei der Arbeit mit Nutztieren unter Beweis zu stellen.
Welche Pferde eignen sich für Working Equitation?
Working Equitation ist für eine Vielzahl von Pferderassen geeignet, von traditionellen Arbeitspferden bis zu modernen Sportpferden, da die Disziplin die Arbeitsmotivation und Freude betont.
Woher kommt Working Equitation?
Working Equitation hat ihre Wurzeln in südeuropäischen Ländern wie Portugal, Spanien, Frankreich und Italien, wo Bauern und Hirten ihre Pferde für tägliche landwirtschaftliche Aufgaben nutzten.