Gelassenheitstraining für dein Pferd | Wie du die Gespenster mithilfe der Bodenarbeit verscheuchst

Gelassenheitstraining Pferd Zelt






Gelassenheitstraining Pferd

Dein Pferd ist schreckhaft egal ob im Gelände oder bei euch auf dem Hof? Beim Ausreiten springt es bei einem raschelnden Busch zur Seite? Du wünscht dir mehr Gelassenheit und dass dein Pferd insgesamt ruhiger wird? – Dann habe ich gute Nachrichten für dich, denn Gelassenheit kann man trainieren!

Ja, du hast richtig gehört! Gutes Gelassenheitstraining stärkt eure Beziehung, sodass dein Pferd dir jederzeit vertrauen kann, dass keine Gefahr droht. Hierbei werden gezielt gruselige Situationen geübt, ohne das Pferd zu verängstigen oder zu überfordern.

Du möchtest wissen, wie du es schaffst, dieses Vertrauen zu gewinnen, sodass dein Pferd immer gelassener im Alltag wird? Dann gebe ich dir hier jede Menge praktische Tipps zum Nachmachen. Lass uns gemeinsam mehr Vertrauen zwischen Pferd und Mensch in die Pferdewelt bringen!

Gelassenheitstraining Pferd Luftballons

Gelassenheitstraining und Anti-Schreck-Training sind zwei Begriffe, die oftmals das selbe meinen, der Grundgedanke dahinter ist aber ein anderer. 

Das Gelassenheitstraining konzentriert sich darauf, die innere Ruhe und das Vertrauen beim Pferd in verschiedene Situationen zu stärken. In einer entspannten und zwanglosen Lernatmosphäre wird das Pferd an einzelne Gegenstände herangeführt, darf sie selbständig untersuchen und wird dabei ermutigt, sich mit der Situation auseinanderzusetzen. Durch viel Lob und positive Verstärkung lernt es schnell, dass das alles gar nicht so schlimm ist.

Im Gegensatz dazu konzentriert sich das Anti-Schreck-Training speziell darauf, dem Pferd die Angst vor bestimmten Gegenständen oder Situationen zu nehmen. Es zielt darauf ab, das Pferd gezielt mit den als beängstigend wahrgenommenen Elementen zu konfrontieren, um eine Desensibilisierung zu erreichen. Der Fokus liegt dabei auf der direkten Auseinandersetzung mit den spezifischen Ängsten des Pferdes, um genau diese zu überwinden. Du merkst also, der Gedanke hinter dem Anti-Schreck-Training ist ganz klar das gezielte Erschrecken des Pferdes. Es kann dir hier aber passieren, dass es dabei nur lernt, die Situation auszuhalten und in dem Moment nicht die Flucht zu ergreifen. Es steigert aber nicht unbedingt euer gegenseitiges Vertrauen. 

Beide Ansätze haben das gemeinsame Ziel, die Gelassenheit und das Vertrauen des Pferdes zu stärken, unterscheiden sich jedoch in der Herangehensweise. Warum ich persönlich Übungen für mehr Gelassenheit vorziehe anstatt meinem Pferd die Angst vor etwas zu nehmen? Ganz klar: Ich möchte, dass mein vierbeiniger Partner mir vertraut und dass dieses Vertrauen nicht nur begrenzt ist auf das Gelernte, sondern auf alle Situationen übertragen werden kann.

Stell dir vor, du galoppierst im Sonnenuntergang über ein Stoppelfeld und ein Reh springt plötzlich aus dem Gebüsch hervor. Wie fühlst du dich jetzt in diesem Moment dabei? Vor ein paar Jahren war genau das meine Horrorvorstellung. Mein Pferd wäre mit einem Satz zur Seite gesprungen, um dann im gestreckten Galopp davon zu rennen. Ich hatte Angst vor meinem Pferd und auch kein Vertrauen zu ihm. Klar, dass mein Pferd mir deswegen nicht vertrauen konnte.

Heute galoppieren wir über die Felder und selbst große Landmaschinen, Drohnen oder plötzliche Wildtierbegegnungen sind kein Problem mehr. Mein Pferd und auch ich sind grundsätzlich gelassener, denn wir wissen beide, dass keine Gefahr besteht und wir uns aufeinander verlassen können. Du möchtest das auch? Dann ist es an der Zeit, dass auch euer Gelassenheitstraining beginnt. 

Viele Pferde scheuen z.B. bei Regenschirmen, Plastiktüten, Traktoren, Fahrradfahrern, Hunden, … Ich könnte die Liste endlos weiter führen. Was dir in diesen Situationen helfen kann, ist das gezielte Üben von Gelassenheit.

Wir machen uns hier die Neugier des Pferdes zu Nutze. Grundsätzlich sind Pferde Fluchttiere und rennen bei Gefahr instinktiv erstmal weg. Nach ein paar Metern, wenn sie merken, dass die Gefahr sie nicht verfolgt, halten sie in der Regel an und sehen sich um. Wenn ein Pferd Angst hat, aber grundsätzlich ansprechbar ist, ermutigen wir es, die Verfolgung aufzunehmen. Wenn das „Gespenst“ dann auch noch vor uns davon läuft, haben wir es verscheucht und das Pferd hat ein Erfolgserlebnis.

Tipp: Wie kannst du deinem Pferd Ruhe und Entspannung signalisieren? Ganz einfach: Atme tief ein und aus, entspanne deine Muskeln, stelle dich mit eingeknicktem Knie hin, schaue dir das Gespenst an und beachte es dann nicht weiter.

Eine weitere Möglichkeit im Alltag die Aufmerksamkeit deines Pferdes in aufregenden Situationen wieder zu bekommen, sind gezielte einfache Übungen, die es gut beherrscht. Rückwärtsrichten, Hinterhandverschieben, Seitengänge, hier sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Das was für euch funktioniert, ist euer Mittel der Wahl, wenn dein Pferd Stress zeigt. Sobald es ruhiger wird und sogar ruhig stehen bleibt, lobe es ausführlich und gib ihm eine Pause im Stand. Frage vielleicht sogar das Kopfsenken ab.

Die Gelassenheit im Alltag wird immer besser werden, je öfter ihr die Situationen übt und je mehr Gespenster dein Pferd als ungefährlich einstuft. Deswegen ist es so wichtig, dass wir nicht nur die gezielten Situationen trainieren, sondern ein allgemeines Vertrauen aufbauen. Gehe z.B. einfach mit deinem Pferd im Gelände wandern und schau, welche Herausforderungen ihr gemeinsam meistern könnt.

Du möchtest jetzt bestimmt wissen, wie du gezielt mit den richtigen Übungen zu mehr Vertraue kommst! Ich habe dir hier einen groben Leitfaden zusammengestellt, mit dem ihr euch jedes Hindernis zusammen erarbeiten könnt.

Wichtig: Habe Geduld! Vertrauen kannst du dir nicht kaufen, du musst es dir verdienen! Klappt eine Übung nicht beim ersten Mal, ist das okay! Manche Pferde brauchen Wochen, wenn sie eine tief sitzende Angst überwinden, andere lernen innerhalb von Minuten, dass sich Aufregen nicht lohnt.

Zuallererst ist es entscheidend, dass dein Pferd Vertrauen in deine Führung und Einschätzung entwickelt. Dazu gehört, dass du die Situation oder das Gespenst ebenfalls bewusst wahrnimmst. Schaue dir gemeinsam mit deinem Pferd alles genau an. Wichtig ist, dass du selbst keine Angst davor hast, denn das spürt dein Pferd sofort. Fange also mit etwas leichtem an. 

Pferde sind Fluchttiere und rennen bei Gefahr weg, um zu überleben. Wenn sie deiner Einschätzung vertrauen, dass keine akute Gefahr besteht, kannst du versuchen, auf das Hindernis zu zu gehen.

Ignoriere auf keinen Fall die Angst deines Pferdes! Gehe darauf ein, beruhige es, lenke den Fokus auf dich und zeige ihm, dass alles in Ordnung ist. Zwinge es niemals vorwärts, wenn es nicht will! Ermutige es, einen Schritt zu machen und belohne diesen. Wenn nicht, ist das auch in Ordnung und ihr nehmt einen neuen Anlauf.

Wenn dein Pferd sich aufregt, wenn eine Plastiktüte über den Weg fliegt, schnapp dir das Ungeheuer und zeige es ihm. Lass es daran schnuppern, es in den Mund nehmen, mit den Hufen darauf treten und scharren. So untersucht dein Pferd besonders intensiv den Gegenstand und setzt sich damit auseinander. Belohne jede Interaktion mit überschwänglichem Lob. Das fördert Vertrauen und Neugier. Du kannst hier in geschützter Umgebung natürlich auch mit Leckerli arbeiten. Das Clickertraining z.B. ist auch eine gute Herangehensweise, die aber auf einem anderen Trainingsprinzip beruht.

Nimm nun die Tüte in die Hand und raschle damit. Kann es ruhig daneben stehen, höre auf mit dem Rascheln und belohne es. Gehe immer dichter an den Körper heran und umkreise dein Pferd vollständig mit dem Geräusch. Pferde zeigen Unwohlsein oft auch nicht so deutlich, achte also auf kleinste Signale. Wenn du Unwohlsein feststellst, ziehe dich zurück. Höre aber erst mit dem Geräusch auf, wenn du Entspannung erkennen kannst. Wir wollen hier aktiv die Ruhe belohnen.

Ich übe das Ganze gern in der Freiarbeit auf dem Reitplatz oder in der Reithalle, sodass es jederzeit im geschützten Umfeld gehen kann. Falls das passiert, lade ich es immer wieder ein, zu mir zu kommen und höre erst mit dem Rascheln auf, sobald ein Schritt auf mich zu gemacht wird. Dann lade ich es komplett zu mir ein und beginne von vorn.

Kannst du dein Pferd beim Rascheln überall berühren und hast sogar die Neugier für den Gegenstand geweckt, hast du ein großes Plus auf euer Vertrauenskonto bekommen. Positive Erfahrungen solltet ihr so viele wie möglich gemeinsam sammeln, um für mögliche negative Erfahrungen gerüstet zu sein. So könnt ihr jederzeit auf die positiven Erlebnisse zurückgreifen und damit die neue Situation meistern.

Gelassenheitstraining Pferd Flattervorhang

Sind Berührungen und Geräusche kein großes Problem mehr für euch, könnt ihr euch an Hindernissen in der Bodenarbeit versuchen. Lege hierfür z.B. eine Plane auf den Boden und gehe hier erstmal genau gleich vor. Zeige den Gegenstand, belohne und ermutige jegliche Interaktion. Über Annäherung und Rückzug versucht ihr nun, auf die Plane zu steigen. Habe auch hier Geduld. Manche Untergründe sind ganz einfach zu bewältigen, während andere eine große Herausforderung darstellen. 

Wenn ihr die Plane betreten könnt, übe zunächst das flüssige darüber gehen. Führe von beiden seiten und aus allen Richtungen über die Plane. Klappt das auch, übe das Stehenbleiben auf der Plane, später das Rückwärtsrichten und was dir sonst noch einfällt. Wir wollen erreichen, dass der veränderte Untergrund kein Grund dafür ist, kein normales Training abzuhalten. Das hilft dir später auch beim Verladetraining oder im Gelände, wenn es über Brücken oder durch Wasser gehen kann.

Denke auch hier wieder daran: Die Gelassenheit deines Pferdes steigt mit jedem Hindernis, das ihr gemeinsam im Vertrauen überwindet.

Tipp: Wenn ihr schon etwas Erfahrung habt, besucht doch mal einen Extreme-Trail! Eine ganz neue Herausforderung und noch dazu an einem anderen Ort.

Klappt ein Hindernis am Boden, kannst du es unter dem Reiter erarbeiten. Kennt dein Pferd grundsätzlich die Plane, versuche nun die gleichen Schritte wie am Boden durchzuführen, nur dass du jetzt im Sattel sitzt. Im besten Fall, passiert ihr das Hindernis einfach so als wäre es gar nicht da. Je nach Pferd kann es aber sein, dass die Bezugsperson am Boden fehlt und es sich mit Reiter nicht ganz so sicher fühlt. 

Für ein erfolgreiches Training ist Geduld der Schlüssel.

Könnt ihr einzelne Hindernisse meistern, könnt ihr das auch in Kombination! Baue dir einen Parcours auf mit vielen verschiedenen bekannten und neuen Herausforderungen. Beim Variieren der Aufgaben liegt der Fokus darauf, euer Vertrauen zu stärken und zu sehen, wie weit ihr bereits gemeinsam kommt. Du kannst den Parcour sowohl am Boden als auch im Sattel absolvieren.

Tipp: Viele Trainer bieten mobiles Gelassenheitstraining als Kurs an. Informiere dich doch mal, ob es das auch in deiner Nähe gibt!

Gelassenheitstraining Pferd Poolnudeln

Egal welchen Ansatz du verfolgst und nach welcher Methode du trainierst, wir wollen alle, dass das Pferd entspannt beim Training und im Umgang ist. Das Pferd lernt, uns zu vertrauen und auf unsere Einschätzung einer Situation zu achten.

Beim Gelassenheitstraining achten wir stets darauf, kein Schrecktraining zu machen, sondern gemeinsam die Herausforderung im Vertrauen zu bewältigen. Dabei ist es egal, ob wir im Gelände mit Halfter und Strick spazieren gehen, oder das Berühren mit der Stange beim Verladen üben.

Pferdetraining ist nicht linear. Nur weil das Pferd auf laute Geräusche nicht reagiert, heißt das nicht, dass es auch bei leisem Rascheln ruhig bleibt. Also, schnapp dir einen Gegenstand und beginne direkt heute damit, euer Vertrauen auf eine neue Ebene zu heben!

Was ist ein Gelassenheitstraining?

Gelassenheitstraining für Mensch und Pferd ist eine Methode, um die Ruhe und Ausgeglichenheit des Pferdes zu fördern. Es beinhaltet schrittweise Gewöhnung an verschiedene Reize und den Aufbau von Vertrauen durch positive Verstärkung.

Wie bekomme ich mein Pferd gelassener?

Der Weg zu mehr Gelassenheit führt ganz klar über Vertrauensübungen. Um dein Pferd gelassener zu machen, gewöhne es schrittweise an neue Reize und nutze positive Verstärkung. Das stärkt das Vertrauen und die Ausgeglichenheit.

Wie bekomme ich mein Pferd ruhiger?

Ruhiges Verhalten bei Pferden erreicht man durch geduldige und einfühlsame Interaktionen, schrittweise Gewöhnung an Umweltreize sowie positive Verstärkung. Eine ruhige Umgebung und klare Kommunikation unterstützen ebenfalls ein ausgeglichenes Verhalten.

Autor

  • Larissa

    Ich bin stolze Besitzerin von zwei selbst ausgebildeten Pferden, Pferdetrainerin aus Leidenschaft und besitze ein Händchen für die Pferdeflüsterei. Ich möchte mit dir mein gesammeltes Wissen aus den letzten 20 Jahren teilen und hoffe, die Welt ein kleines bisschen pferdefreundlicher zu machen.

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